Stimmungstief

Was bringen mir die drei Prinzipien in der Praxis?
Das klingt ja alles ganz gut, aber was habe ich im Alltag davon?

Das ist eine Frage, die mir immer mal wieder gestellt wird und ich möchte sie an einem aktuellen Beispiel beantworten. 

Seit ein paar Tagen bin ich schlecht drauf.
Es gibt nichts, wo ich jetzt sagen kann: „Ich habe mich über xy aufgeregt oder „Es ist etwas Besonderes vorgefallen, an dem ich gedanklich festhänge“, sondern ich habe einfach schlechte Laune.
Punkt.
Und das schon über einen „längeren Zeitraum“, bzw. schon ein paar Tage.

Es ist schon ein bisschen her, dass ich mich länger so gefühlt habe.
Meist dauert „schlecht drauf sein“ bei mir heute - im Gegensatz zu früher - nur noch ein paar Minuten oder vielleicht Stunden.
Aber nicht Tage. (oder Wochen oder Monate …)
Dieses Mal schon.

Und es ist okay.
Das heißt nicht, dass ich es toll finde, aber es ist auch kein Drama.

Es bedeutet nicht (mehr), dass ich herausfinden muss, warum das so ist.
Es bedeutet nicht (mehr), dass ich etwas tun muss, damit ich dieses Gefühl loswerde.
Es bedeutet nicht (mehr), dass ich Dinge nicht mehr machen kann.

Und das ist etwas, was sich für mich seit den 3 Prinzipien verändert hat.

Früher hätte das „nicht gut fühlen“ automatisch eine Maschinerie in Gang gesetzt.
Ich hätte erforscht, wie es kommt, dass ich mich so fühle.
Was dieses „schlecht drauf sein“ ausgelöst hat, damit ich es bekämpfen kann.

Schließlich hätte ich auch einiges nicht gemacht oder erledigt, weil … ich ganz viele Begründungen hatte, warum es in diesem „Zustand“ nicht geht. 😎

Meine Vorstellung war, dass es mir jederzeit gut gehen und ich mich immer gut fühlen müsste.
Mein Normalzustand sozusagen.

Wenn ich das jetzt so schreibe, klingt es schon schräg, aber so hat es sich angefühlt.
Das war meine Realität.
Mich schlecht zu fühlen, war nicht okay.
Es war keine Option, das einfach so zu lassen.
Es musste verändert werden.
Sofort.
Und natürlich war ich dafür verantwortlich, es zu ändern.

Das hatte ich ja in all den Jahren der Selbstoptimierung und Selbsthilfe-Tools-Beschäftigung gelernt.
Jeden Fehler, den ich erkenne, auszumerzen.

Und schlecht gelaunt zu sein wäre ein Fehler gewesen.

Das „Problem“ dabei war nur, dass ich ständig Fehler gefunden habe.
Und wie oft habe ich mich rückblickend wirklich gut gefühlt?
Nicht sehr oft.

Was auch kein Wunder ist, da ich mich ja den ganzen Tag über ständig mit „Problemen“ beschäftigt habe.
Wie soll ich mich dabei gut fühlen?
Ein Ding der Unmöglichkeit!

… und es gibt ja auch kein Ende.

Unser Verstand findet immer etwas, was ihm nicht recht ist und über das er meckern kann. 

Bei der Problembewältigung wird man also nie arbeitslos, kommt aber auch nie zur Ruhe.
Und zum Wohlfühlen.

Heute stelle ich fest: Ich bin nicht gut drauf.
Bin in einem “low mood”.
In schlechter Stimmung.
Hab ein Stimmungstief.
Vielleicht fange ich gleich auch an, zu heulen. Ohne zu wissen, warum.
Dann ist es so.
Dann bin ich auch noch traurig.

Es gibt nichts zu tun, denn das verändert sich von selbst.

Ohne, dass ich mich einmische.
Wenn vielleicht auch nicht in dem Tempo, wie ich es gern hätte.

Ich mache einfach weiter.
Meine Kollegen und Klienten merken vermutlich nicht, dass ich mies drauf bin.
Und das liegt nicht daran, dass ich auf Teufel komm raus gute Laune vorspielen muss, sondern dass ich präsent bin.
Mit ihnen.
Da haben meine persönlichen Gedanken keinen Platz.

Ich erzähle ihnen auch nicht, wie es mir geht.
Warum auch?
Warum sollte ich diesem Gefühl, das sich von sich aus ändert und das sich nicht schön anfühlt, noch mehr Energie und Aufmerksamkeit schenken?

Das bedeutet nicht, dass ich es leugne oder verdränge oder „spiritueller Bypass“ oder welche schönen Begriffe es dafür geben mag, sondern ich nehme es nicht so ernst.

Es ist da, aber ich achte nicht drauf.
Mein Fokus liegt woanders.

Wenn du einen Nachrichtensender schaust, durch den ein Nachrichtenband läuft, dann kannst du entscheiden, worauf du dich fokussierst: den Beitrag oder das Laufband unten im Bild.
Das andere blendest du aus.

Vielleicht läuft bei dir im Büro oder Zuhause auch ein Radio.
Wie viel vom Programm bekommst du wirklich mit? Kannst du die letzten 5 Lieder aufzählen? Falls nicht: Verdrängst du sie?
Nein, du „überhörst“ sie, ohne wirklich etwas zu tun. Dein Fokus liegt anderswo.

So ist es hier auch.

Ich mache weiter in meinem Tag und lasse mich von der schlechten Stimmung nicht davon abhalten.
Und trotzdem achte ich auf das, was stimmig ist und was nicht.

Ich wollte mir zum Beispiel noch eine Aufzeichnung aus einem Kurs angucken, habe auch damit angefangen und dann aufgehört, weil ich die Dame im Video gerade nicht ertragen konnte.
Sie war mir zu gut gelaunt und energiegeladen und aufgedreht … das ging mir gegen den Strich.
Also habe ich etwas anderes gemacht.

Früher hätte ich mich gezwungen, mir das Video anzuschauen.
Bis zum Schluss.
Weil es sich so gehört.
Was man anfängt, bringt man auch zu Ende.
Wenn das für heute geplant ist, mache ich das auch.
Fertig.

Wäre es wirklich wichtig gewesen … vielleicht hätte ich es mir heute auch angeschaut. Wir werden es nicht erfahren. 😉
Natürlich hätte ich mich auch durch das Video durchbeißen können.
Aber warum?
Vom Inhalt des Videos hätte ich wenig mitbekommen, weil ich gar nicht richtig „da“ war. Gedanklich wäre ich damit beschäftigt gewesen, wie sehr mir ihre Art gerade auf den Zeiger geht, dass sie mir viel zu gut drauf ist, usw.

Ich hätte nichts davon gehabt - außer noch mehr schlechte Laune.

Da mich der Inhalt interessiert, hätte ich es später vermutlich noch einmal gucken müssen.

Hätte ich mir - was echt unwahrscheinlich gewesen wäre - erlaubt, mir das Video nicht anzuschauen, dann hätte ich eine Riesengeschichte daraus gemacht. Mich selbst immer wieder daran erinnert, dass ich nicht gemacht habe, was geplant war, wie unzuverlässig ich bin, dass mit mir was nicht stimmt, usw.
 
Das wäre in meine innere „was mit mir falsch ist - Playliste“ gekommen.

Heute war es ein: Okay, das macht jetzt keinen Sinn. Ich schaue es mir irgendwann anders an.
Fertig.
Ende der Geschichte.

Das hat mein Leben soooooo viel leichter gemacht.

Es lässt sich mit Worten schwer beschreiben, aber es ist fühlbar anders.

Und das macht die 3 Prinzipien für mich so praktisch.

Ich musste nichts tun.
Nicht verändern.
Keine Ursachen oder Lösungen suchen.

Ich fühlte mich „einfach“ besser.

Weil mir (seit ich mich mit den 3P beschäftige) bewusst geworden ist, was ich alles gemacht habe, was weder nötig noch hilfreich ist und es einfach lasse.

Was für eine Erleichterung.

Mir ist bewusst, dass wenn ich in einem Stimmungstief oder „Low Mood“ bin, meine ganze Welt so trüb aussieht.
ALLES!

Selbst mein Lieblingslied hört sich nicht mehr gut an.
Mein Lieblingsessen schmeckt nicht halb so lecker wie sonst.
Was ich normalerweise schon nicht mag, nervt mich jetzt total.
Kommentare oder Sprüche nehme ich persönlich.
Mein Geduldsfaden ist kürzer.
Schmerzen spüre ich stärker.

Ich nehme mein Leben durch die „schlecht-drauf-Brille“ wahr.

Je klarer mir das ist, desto besser kann ich damit umgehen.
Je weniger ich dagegen ankämpfe, dass es gerade so ist, desto besser komme ich damit klar.
Und wenn es was zu tun gibt, wird es mir einfallen.

Die 3 Prinzipien sind keine „Wunderpille“, die dafür sorgt, dass wir immer nur noch positiv gestimmt durch die Welt laufen.

Sie sind keine Garantie, dass das Leben ab sofort keine Herausforderungen für uns im Gepäck hat.

Aber es ist die Einladung, anders damit umzugehen.
Besser und entspannter durchs Leben zu gehen.

Sich selbst und sein Verhalten besser zu verstehen.
Signale neu zu deuten.

Und schlussendlich: sich selbst nicht so wichtig zu nehmen.

Wir haben die Wahl.
Jeder von uns.
Wie wollen wir die Welt erleben?
Wie möchtest du die Welt erleben?

Ich habe übrigens aus der schlechten Laune heraus ein Video gedreht (klick zum anschauen) - weil ich den Impuls dazu hatte.
Das hätte ich früher NIE gemacht.

Spannenderweise fühlte ich mich nach dem Video schon ein Stück besser.

Was nimmst du aus diesem Beitrag mit?
Schreib es doch in den Kommentar.

  • Liebe Michaela,
    Einfach den „low mood“ da sein lassen, es nicht so ernst nehmen und nicht rein steigern, das klingt richtig gut und entspannend. Danke

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