Um welche "andere" Richtung geht es?
Vermutlich hast du bei mir schon mal gehört oder gelesen, dass wir, wenn wir mit dem Inside-out-Verständnis arbeiten, “in die andere Richtung” schauen - aber was genau ist damit eigentlich gemeint?
Nehmen wir das Beispiel Rückenschmerzen.
Normalerweise schauen wir uns die Rückenschmerzen genau(er) an.
Überlegen, was wir gemacht haben, dass uns der Rücken so weh tut. Woran es liegen könnte. (überlastet, falsch bewegt, …)
Wir analysieren, wo genau es schmerzt und grenzen den Ort ein. (mittlerer Rücken, Halswirbel, …)
Wo sind unsere Grenzen? Was geht und was (gerade) nicht oder nicht gut? (kleine Drehung nach links ist okay, nach rechts drehen geht gar nicht, stehen geht gar nicht, flach liegen ist einigermaßen okay, …)
Unser Fokus liegt auf dem Schmerz.
Den Beschwerden, die wir im Körper wahrnehmen.
Wenn wir in die andere Richtung schauen, dann liegt unser Fokus NICHT auf dem Rückenschmerz, sondern wir schauen auf das Prinzip, das dahinter steht.
Das, was uns den Schmerz überhaupt empfinden lässt.
Wir erleben, was wir denken.
Immer.
100%
24/7.
Das heißt nicht, dass uns die Gedanken immer bewusst sein müssen, aber ohne dass wir etwas denken, nehmen wir es nicht wahr.
Vor der Wahrnehmung oder Empfindung steht immer ein Gedanke.
Auch bei Schmerzen.
Vielleicht ist dir schon mal aufgefallen, dass sich dein Schmerzempfinden verändert.
In einem Moment ist es kaum auszuhalten und kurze Zeit später fast nicht wahrnehmbar.
Bist du generell gut drauf, dann kommst du auch mit starken Schmerzen relativ gut klar. Hast du einen miesen Tag, dann nervt dich schon ein kleines Zwicken.
Aber warum ist das so?
Es hängt davon ab, wie sehr wir uns mit dem Inhalt unserer Gedanken beschäftigen.
Wenn wir die ganze Zeit in einer Gedankenschleife wie dieser hängen:
Das ist nicht fair
Ich will die scheiß Rückenschmerzen nicht
Das ist nicht aushaltbar
Ich möchte mich normal bewegen können
Wie soll das weitergehen?
Muss ich damit für immer leben?
Wann wird es endlich besser?
Was, wenn ich irgendwann gar nicht mehr laufen kann?
Was kann ich machen, damit es nicht so weh tut?
Was für ein scheiß Leben!
…
dann nehmen wir den Schmerz viel intensiver wahr.
Wobei wir eigentlich gar nicht den Schmerz, sondern viel mehr unser Denken fühlen.
Das blöde Gefühl ist ein Resultat der Gedanken und hat “eigentlich” nichts mit dem Schmerz an sich zu tun.
Wir würden uns auch so fühlen, wenn wir über etwas anderes nachdenken würden, das uns nicht gefällt.
Wenn wir gut drauf sind, dann nehmen wir den Schmerz auch wahr, beschäftigen uns gedanklich aber mit anderen Dingen. Dingen, die uns Spaß machen oder die wir mögen. Vielleicht unterhalten wir uns mit Freunden oder der Familie, hören Musik, sind in ein Buch oder einen Film versunken, bestaunen die Natur, bewundern Bilder in einer Ausstellung, …
Unsere Gedanken bleiben nicht an den körperlichen Beschwerden kleben, sondern wandern zu anderen Dingen.
Was heißt das jetzt?
Muss ich meine Gedanken ändern oder kontrollieren?
Das dachte ich lange.
Und habe es auch probiert - wenn auch nicht sonderlich erfolgreich.
Es wäre auch logisch.
Wenn meine Gedanken meine Gefühle auslösen, dann brauche ich nur noch dafür zu sorgen, dass ich schöne Gedanken denke und dann fühle ich mich immer gut.
Oder?
In der Theorie klingt das super.
In der Praxis ist es aber nicht umsetzbar.
Und nicht nötig,
Warum ist das nicht umsetzbar?
Versuch doch mal, 3 Minuten lang nur einen Gedanken zu denken.
NUR EINEN.
Such dir aus, was du gerne denken möchtest.
Stell dir dein Handy und stopp die Zeit. Die 3 Minuten starten jetzt.
(bitte wirklich ausprobieren!)
Na, wie ist es gelaufen?
Konntest du 3 Minuten nur den einen Gedanken denken?
Falls du jetzt wirklich sagst: ja - woher wusstest du, wann die 3 Minuten um sind? Hast du in der Zwischenzeit auf die Uhr geschaut?
Wenn ja - wie kannst du die Uhr lesen, ohne zu denken? Das geht nicht.
Wenn du nicht denken würdest, wärst du tot.
Wir können unsere Gedanken einfach nicht kontrollieren.
Mir war das nicht klar und ich habe es früher versucht - mithilfe von den verschiedensten Tools und Techniken.
Und mich zur Schnecke gemacht, dass ich zu blöd dazu war, wenn es nicht geklappt hat.
Wie komme ich auf schönere Gedanken, wenn ich sie nicht kontrollieren oder ändern kann?
Gedanken ändern sich von sich aus.
Ständig
Das ist ihre Natur.
Sie sind nicht fest, sondern wandeln sich ständig.
Wie Wolken.
Ohne unser Zutun.
Wenn Gedanken bei uns bleiben, dann nur, weil wir uns mit ihnen beschäftigen.
Selbst wenn diese Beschäftigung darin besteht, sie loswerden oder ändern zu wollen.
Ich muss ja schließlich wissen, was ich ändern oder weg haben will. Und schon habe ich sie im Kopf, oft, ohne dass es mir bewusst ist.
Genau das ist die andere Richtung, in die wir schauen.
Wir schauen nicht auf den Inhalt der Gedanken (inkl. körperliche Beschwerden, Gefühle, Schmerzen, Symptome, ...), sondern auf das Prinzip dahinter.
Wie auf das Prinzip GEDANKE.
Darauf, dass alles, was wir wahrnehmen, flüchtig ist.
Sich automagisch verändert.
Und das meist schneller, wenn wir nicht versuchen, einzugreifen.
Für mich klang das komisch.
Und falsch.
Weil ich nicht verstanden habe, wie mir das hilft.
Ich wollte ja die Beschwerden los sein und nicht “in eine Richtung” gucken.
Für mich sah es so aus, als wäre es wichtig, mir das Symptom genauer anzuschauen.
Dass darin die Lösung des Problems zu finden wäre.
Heute empfinde ich das völlig anders.
Dass ich selbst erlebt habe, dass man Schmerzen (auch echt starke Schmerzen) haben kann, aber nicht darunter leiden muss (was mir lange nicht klar war), hat mir auch dabei geholfen.
Heute weiß ich einfach, dass die Lösung darin liegt, in die andere Richtung zu schauen.
In Richtung des Prinzips GEDANKE anstatt in Richtung Gedankeninhalt.
In Richtung der 3 Prinzipien hinter allem Leben.
Je klarer mir ist, dass ich einen Einfluss darauf habe, wie ich mich fühle und dass es mir nicht guttut, wenn ich mich im Detail mit dem befasse, was mir gerade nicht gefällt - was auch immer das ist - desto weniger Sinn macht es, mich damit zu beschäftigen.
Wenn ich weiß, dass ich mir die Hand verbrenne, wenn ich sie auf die heiße Herdplatte halte, dann muss ich das nicht ständig wiederholen. Ich lasse die Finger davon.
Wenn ich weiß, dass sich alles schlechter und schlimmer anfühlt, wenn ich drüber nachgrüble, dann lasse ich das in dem Moment, in dem es mir auffällt und bewusst ist.
Dieses Bewusstwerden sorgt automagisch dafür, dass ich den vorigen Gedanken losgelassen habe.
Ein anderer Gedanke kommt auf.
Ganz von allein.
Ohne, dass ich dafür etwas tun müsste.
Unser System ist so ausgelegt, dass das immer automatisch geschieht.
Das ist in uns eingebaut und unkaputtbar.
Kannst du bei dir beobachten, dass sich die Gedanken ständig verändern?
Wie ging es dir mit der 3-Minuten-Übung?
Ich freue mich auf deinen Kommentar.