Der Ursprung, wenn etwas nicht "funktioniert"?

Ich bin immer wieder fasziniert, wie leicht es uns fällt, uns Sorgen zu machen. Oft fängt es mit einem „ich sollte“ an.

Ich sollte

  • mich mehr bewegen
  • mehr trinken
  • mehr schlafen
  • abnehmen
  • gesünder leben
  • mehr auf mich achten
  • weniger arbeiten
  • weniger Süßigkeiten essen
  • mir mehr Zeit für mich nehmen
  • mich weniger aufregen
  • weniger am Computer sitzen
  • vegan essen
  • mehr in die Natur gehen
  • ...

Diese Liste lässt sich unendlich verlängern.

Wir haben aufgeschnappt, dass uns „etwas“ guttun würde und der Kopf sagt: Das solltest du auch machen!!
Vermutlich liefert er auch noch eine plausible Erklärung mit. Wenn du das machst, dann …
Oder umgekehrt: wenn du das NICHT machst, dann …

Also fassen wir (mehr oder wenig halbherzig) den Entschluss: Das mache ich jetzt.

Und übersehen dabei, dass wir gar nicht richtig überzeugt sind.

Denn wollen wir das wirklich?
Und wenn ja - auf diese Weise?

Glauben wir tief in uns daran, dass es uns was bringt? 

Oder ist es nur eine gute Idee oder ein hilfreicher Tipp, den wir gehört und übernommen haben?
Er hat uns daran erinnert, dass wir „eigentlich“ auch etwas verändern möchten.

Folgen wir vielleicht einem „ich sollte“?
Womöglich glauben wir auch, dass „der Fachmann“ besser wissen muss, was uns guttut, als wir selbst.

Wenn wir uns aber nicht wirklich vorstellen können, dass es uns zum Ziel führt, dann können wir es auch gleich sein lassen!

Es wird uns sonst sehr viel Energie und Anstrengung und Durchhaltevermögen und Schweinehund-überwinden kosten, langfristig dranzubleiben.
Und selbst mit eisernem Willen und Disziplin werden wir es vermutlich nicht auf Dauer durchhalten.

Solange wir nicht wirklich davon überzeugt sind, fehlt einfach der innere Antrieb, der die nötige Motivation und das Durchhaltevermögen automagisch mitbringt.

Ein Grund.
Denn wir glauben nicht an das, was wir machen.
Es gibt in uns ein „aber“.
Dieses „aber“ übertrumpft in den allermeisten Fällen auf lange Sicht unsere Disziplin.
Und das „ich sollte“.

Was dazu führt, dass wir „es“ nicht durchhalten und uns dann Sorgen machen, dass wir uns damit schaden.

Zusammengefasst sieht es dann so aus:

Wir wollen uns davon überzeugen, etwas zu tun, was wir „sollten“, aber weder wirklich wollen noch für sinnvoll halten und machen uns dann Sorgen, wenn wir es nicht lange durchhalten.

Schon irgendwie schräg, oder?

Das ist auch der Grund dafür, dass so viele Menschen z.B. über Jahre hinweg immer mal wieder 20 Kilo abnehmen und dann doch - dank Jo-Jo-Effekt oft noch mehr - wieder zunehmen.
Sie quälen sich, etwas zu tun (oder zu lassen), was ihnen widerstrebt, weil man „das so machen sollte“.

Irgendwann ist entweder die Kraft aufgebraucht, immer über den Widerstand gehen zu können oder das Gewichts-Ziel ist erreicht und sie dürfen endlich mit der Diät „aufhören“.
Und das Gewicht klettert wieder auf das „alte normal“. 

Oder aber, es geschieht „etwas“ , z.B.

  •  man sieht sich auf einem Foto und findet sich ganz fürchterlich
  • man hat sich in ein Kleidungsstück verliebt, in das man passen möchte
  • eine besondere Feier steht an,
  • man weiß einfach: ab heute nehme ich ab
  • ...

Es macht „klick“ und ab da funktioniert die Essensumstellung fast von alleine.
 
Alles, was in den vorigen Versuchen mühsam war, geht so viel leichter.
Man quält sich nicht dazu, sich zu bewegen, sondern macht es einfach.

Man macht etwas, weil es sich richtig anfühlt und nicht, weil man „sollte“.

Von außen betrachtet macht man das gleiche wie die anderen Male auch, aber es fühlt sich anders an.
Mühelos(er).
Leicht(er).
Weil der Impuls aus dem Inneren kam.
Mit Klarheit und einem „JA, das mache ich“.
Es fühlte sich einfach richtig an.

Unser Kopf ist sehr kreativ.
Wir können uns auch mit dem nötigen Antrieb und Durchhaltevermögen „unnötig“ Sorgen machen.

Besonders dann, wenn wir uns und unseren Erfolg auch kontrollieren wollen und alles schön aufschreiben (sollten).

Wir notieren, sobald wir was getrunken haben, wie viel Minuten wir uns bewegt haben, wie lang der Schlaf war, das heutige Gewicht, was wir gemacht haben, um „gesünder“ zu werden, ob und wie viel wir genascht haben, wie viel oder wenig wir gearbeitet haben, …

Bei dieser Buchführung kann doch wirklich nichts mehr schiefgehen.
Zumindest in der Theorie, denn leider ist dieses System fehleranfällig.

Zum Beispiel, wenn wir zwischendurch immer mal wieder vergessen, aufzuschreiben, was wir gemacht haben.
Vielleicht glauben wir, dass wir das in ein paar Tagen noch wissen und jetzt nicht unbedingt notieren müssen oder es geht im Alltag einfach unter.

Später schauen wir in unsere Notizen und sehen: oh shit! Letzte Woche habe ich mich zu wenig bewegt oder viel zu wenig getrunken. 🙈

Dabei haben wir uns vorbildlich verhalten und nur vergessen, es aufzuschreiben.

Unser Kopf dreht sich um das, was wir (angeblich) „nicht gemacht“ haben.
Grübelt darüber, was das über uns aussagt (Loser, ich war schon immer xy, war ja klar, dass das wieder nichts wird, …), für unsere Gesundheit bedeutet (wenn ich nicht x, dann y), zieht Schlussfolgerungen für die Zukunft, …

Dabei ist alles in bester Ordnung.
Wir machen uns trotzdem Sorgen.
Völlig unnötig. (wobei Sorgen IMMER unnötig sind)
Weil wir dem, was wir aufgeschrieben haben, mehr vertrauen, als unserem Gefühl.

Apropos Gefühl.

Wenn wir dem direkt vertraut hätten, wären wir erst gar nicht in diese Falle getappt, denn meist wissen wir vorher schon ganz genau: nee, das ist es nicht.
Und ignorieren das Gefühl, weil unser kluger Verstand uns viele logische Gründe liefert.

Schau mal bitte in deinen Kleiderschrank.
Nach gaaanz hinten.
Liegt da noch ein Teil, das du gekauft und nie getragen hast?
Vielleicht sogar noch mit Etikett?

Sei ehrlich zu dir: wusstest du nicht schon beim Kauf, dass du es nicht anziehst? Hat es sich nicht schon direkt „falsch“ angefühlt?

Und trotzdem hast du es gekauft, weil … (füge die Gründe ein, die dein Verstand dir dafür geliefert hat - vielleicht war sogar ein „ich sollte“ dabei.)
Der „echte“ Grund ist, dass du deinem Kopf mehr vertraut hast als deinem Gefühl.

Vielleicht fallen dir auch noch andere Gelegenheiten ein, bei denen du „eigentlich“ schon vorher wusstest: besser nicht.

Wenn dir gerade mehrere Dinge einfallen, dann ist das gut.

Es hilft dir vielleicht dabei, diesem Gefühl beim nächsten Mal mehr zu vertrauen, wenn du „Beweise“ gesammelt hast, dass es vertrauenswürdig ist.
Und zwar „eigene Beweise“ und nicht Geschichten von anderen Menschen, die du glauben musst.

Dich selbst daran zu erinnern, dass du dieses Gefühl kennst und es ein guter Ratgeber ist, macht einen Unterschied.

Ist dir bewusst geworden, wo du einem „ich sollte“ gefolgt bist, das du vorher gar nicht auf dem Schirm hattest? Schreib es mir doch in den Kommentar.

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