Die nervige Warteschleife
Wie mich das früher aufgeregt hat, in einer Warteschleife zu hängen…
Zumindest dachte ich, dass mir die Warteschleifen den letzten Nerv rauben.
Und trotzdem kann man sie scheinbar manchmal nicht umgehen.
Gestern durfte ich erleben, wie sehr sich mein Empfinden verändert hat.
Ich wollte bei einer Behörde etwas nachfragen und rief die Nummer an, die auf dem Schreiben stand, um das es ging.
Schon direkt nach dem Klingeln kam die Ansage, dass mit „erhöhter Wartezeit“ zu rechnen wäre.
Was auch immer das bedeuten mag.
Nach ein paar Minuten stellte ich das Telefon auf laut und machte nebenbei einfach etwas anderes als „nur“ zu warten.
Nach 18 Minuten die Überraschung: es ging jemand ans Telefon.
Wenn auch nur, um mir zu sagen, dass er nicht zuständig sei...
Er gab mir eine andere Telefonnummer und „warnte“, dass ich dort sicher auch warten müsste.
Früher wäre spätestens jetzt Zeit für einen Beruhigungstee gewesen.
Mein Puls und Blutdruck wären auf Hochtouren gelaufen.
Ich hätte mich aufgeregt, warum nicht die Telefonnummer für den richtigen Ansprechpartner auf dem Brief steht.
Warum nicht mehr Personal da ist.
Warum „es“ nicht schon erledigt ist und ich überhaupt anrufen und nachfragen muss.
Hätte gemeckert, dass ich meine Zeit verplempere.
… und gar nicht gemerkt, dass ich meine Zeit (und gute Laune) in Wahrheit mit meinem Gemecker verschwende.
Wenn ich keine Vorstellung davon habe, wie die Situation zu sein hat, dann ist alles okay.
Dass ich „ewig“ in der Warteschleife hänge.
Dass nicht die richtige Telefonnummer angegeben ist.
Dass ich warte.
Dass ich überhaupt nachhaken „muss“.
Dass es ist, wie es ist.
Es ist ja auch meine Entscheidung, in der Leitung zu bleiben und zu warten.
Ich hätte genauso gut auflegen können.
Wollte ich aber nicht.
Früher hätte der Mitarbeiter meine miese Stimmung abbekommen.
Und mir wäre nicht mal aufgefallen, wie deutlich, denn ich konnte das nicht erkennen.
Ich war der Meinung, ich wäre noch freundlich gewesen „anhand der Umstände“. (das sah WIRKLICH so aus für mich!)
Wenn mein Mann im Raum war, empfand er das oft anders und erzählte mir das hinterher auch.
Was dann die nächste Gedankenflut in Kraft setzte.
Was fällt ihm ein, das zu sagen?
ICH WAR NICHT UNFREUNDLICH!
Warum ruft er da nicht selbst an, wenn er es besser kann?
Blablabla.
Und alles sah so echt aus.
Das Warten macht mich wütend.
Die falsche Telefonnummer ist ein Unding.
Mein Mann bringt mich auf die Palme.
Es ist total natürlich, über „die Umstände“ wütend zu sein.
Bullshit.
Jetzt sieht alles so anders aus.
Das heißt nicht, dass ich gerne in Warteschleifen hänge, aber es ist auch kein Drama mehr.
Weil ich keins mehr daraus mache.
Es war in Wirklichkeit NIE ein Drama.
Es war, wie es war.
Die Warteschleife.
Die falsche Telefonnummer.
Ein Kommentar meines Mannes.
Das Drama war hausgemacht.
Unschuldig, weil mir das überhaupt nicht klar war.
Jetzt ist es so offensichtlich, dass es schwer vorstellbar ist, wie ich das nicht sehen konnte.
Falls du gerade denkst: so locker könnte ich damit nicht umgehen - das dachte ich früher auch.
Bis ich „einfach” anders reagiert habe.
Ohne es mir bewusst vorzunehmen.
Ich empfinde die Situation heute einfach total anders.
Nehme sie anders wahr.
Und verhalte mich deshalb auch anders.
Hier noch ein anderes Warteschleifen - Beispiel, das du vielleicht auch kennst.
Ein Anruf in einer Arztpraxis und ich lande in der Warteschleife.
Erster Gedanke: immerhin ist die Musik nicht so gruselig.
Irgendwann kommt die Ansage: sie sind Nummer 6 in der Warteschleife…
Schon hört sich das Lied nicht mehr ganz so gut an.
Im Laufe der nächsten Minuten wird es immer lästiger.
Nach 15 Minuten höre ich das Lied gar nicht mehr, sondern überlege mir, was ich während des Wartens machen kann. Das Telefon mit der Musik dudelt im Hintergrund.
Dann kommt die Ansage, dass ich auf Platz 3 der Warteschlange bin.
Schon rückt das Lied wieder mehr in den Vordergrund und ich frage mich, was ich anfangs daran ganz okay fand.
Nach 25 Minuten ist nur noch einer vor mir. Jippie.
Mittlerweile summe ich das Lied manchmal mit.
Als ich dann nach über 30 Minuten einen „echten Menschen“ dran habe, ist es im ersten Augenblick schon fast komisch ohne das Lied.
Ein Anruf.
Eine Warteschleife.
Ein Lied.
Viele verschiedene Gedanken.
Somit auch viele „verschiedene Lieder“ - gar nicht schlecht, nervig, gruselig, zum Mitsummen, lästig… und alles dazwischen.
Vielleicht kennst du es nicht aus einer Warteschleife, aber ich bin mir sicher, dass ein Lied für dich schon mal „gut“ und dann wieder „mach das aus“ war.
Wie kann es sein, wenn es doch das gleiche Lied ist?
Ja, wir sind schnell dabei, „Gründe“ herauszufinden.
Aber ich lade dich ein, zu reflektieren:
Wie kommt es, dass das Lied nicht immer gleich schön oder schrecklich ist?
Und was wäre, wenn das für alles gilt?
Für Warteschleifen.
Für den Partner.
Für alles im Leben.
Nimm dir einfach einen Moment.
Und ich freue mich total auf deinen Kommentar.
Hast du für dich etwas neu erkannt? Wenn ja – was?