Jeder von uns hat blöde und teils echt schräge Gedanken.

Komischerweise glauben wir aber ganz oft, dass wir sie „exklusiv“ haben.
Dass nur wir solche komischen, blöden, fiesen, schrägen, verrückten, peinlichen… Gedanken haben und alle anderen Menschen nicht.

Und der Gedanke, dass es nur uns so geht, macht ein Problem daraus.

Wenn JEDER immer mal wieder völligen Mist denken würde, dann dürfte ich das auch. Dann ist es „normal“ und kein Problem.
Da ich aber vermutlich die einzige Person auf der ganzen Welt mit so blöden Gedanken bin, stimmt was mit mir nicht.

Ich erinnere mich noch, wie das Internet für mich ganz neu war und ich dort ein Forum fand, indem über „meine Ängste“ geschrieben wurde.
Ich konnte es überhaupt nicht fassen!

Ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich die Einzige wäre, die diese Angst oder Phobie hat.
Und dann stolpere ich über ein Forum, in dem sich hunderte Menschen austauschen, die die gleichen Probleme haben.

Das war sooooo eine Befreiung!

Jetzt war ich nicht mehr die Einzige, die einen an der Waffel hatte, sondern es gab Gleichgesinnte.
Vor Freude und Erleichterung habe ich erst einmal geheult.

Je mehr ich dort las, desto mehr fühlte ich mich verstanden.

Das, was bis vor 5 Minuten noch „mein Problem“ war – so peinlich und einzigartig – war plötzlich ein bisschen normal.
Andere hatten das auch.
Allein dadurch fiel mir schon eine Last von den Schultern.

Und anhand der Einträge im Begrüßungsthread konnte ich lesen, dass es den anderen auch so ging. Sie dachten, sie wären alleine mit ihrem Problem… bis sie dann entdeckten: anderen geht es auch so. Jeder einzelne war erleichtert. Und soooo froh, mit dem Problem nicht alleine dazustehen.

Fällt dir spontan etwas ein, von dem du überzeugt bist: so komische Gedanken hat sonst niemand?

Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage: andere Menschen denken diesen Quatsch auch.

Und selbst, wenn du dir das gerade nicht vorstellen kannst – wie wäre es, einfach mal für die Möglichkeit offen zu sein, dass es sein könnte, dass es andere Menschen gibt, die das auch denken?
Wie fühlt sich das für dich an?
Macht das etwas mit dir?
Nimm dir ruhig einen Moment und spür nach.

Und selbst, wenn du es für absolut ausgeschlossen hältst, dass jemand so etwas denkt wie du - kannst du dir 100%ig sicher sein, dass unter den 7,8 Milliarden Menschen nicht doch jemand so (oder noch schräger) denkt?

Falls nicht – könntest du den Gedanken loslassen?

Ich habe darunter gelitten, mit dem Problem bzw. Gedanken alleine zu sein.

Das heißt, ich habe zusätzlich zu den Ängsten samt Körperreaktionen auch noch darunter gelitten, dass mich niemand verstehen kann, weil es ja nur mir so geht.

Als ich das Forum entdeckte, habe ich gemerkt, dass das nur eine falsche Vorstellung war, dass es anderen ähnlich geht und die Gedanken gar nicht so einzigartig waren, wie ich dachte. (puuuuuh)

Worunter habe ich wirklich gelitten?

Unter meiner eigenen, falschen Vorstellung.
Meinen Gedanken. 
Sie waren für mich aber so klar und wahr, dass ich sie überhaupt nicht infrage gestellt habe.
Schon schräg, oder?!

Daher finde ich es immer so beruhigend zu hören, dass es anderen auch so geht.
Und dass die doofen Gedanken auch nicht vor bestimmten Berufen halt machen.

Ich erinnere mich immer daran, wie Rabbi Shaul Rosenblatt auf der 3PGC Konferenz 2020 von seinen schrägen Gedanken erzählte.

Er war mit dem Auto unterwegs und sah eine ältere Dame auf dem Bürgersteig entlang gehen. Dann kam der Gedanke: wenn ich jetzt auf sie zusteuern und sie umfahren würde – wie weit würde sie wohl fliegen?

Natürlich hat er den Gedanken nicht ernst genommen und es nicht ausprobiert.

Aber selbst „er als Rabbi“ hat solche komischen Gedanken.

Das ist völlig normal.
Es sagt nichts über ihn als Mensch aus.
Es bedeutet nur, dass auch bei ihm Gedanken kommen und gehen.
Manche sind schräger als andere.

Was hat Shaul nach diesem Gedanken gemacht?
Sich darüber geärgert, dass er als Rabbi solche Gedanken hat?
Sich für den Gedanken geschämt?
Sich schnell einen „schöneren“ Gedanken überlegt, den er stattdessen denken wollte?

Nein, denn er wusste, dass es nichts zu tun gibt.
Dass ein nächster, neuer Gedanke auftaucht.
Wie immer.

Shaul hat über den Gedanken übrigens schallend gelacht.
Selbst als er die Geschichte auf der Konferenz erzählt hat, konnte er sich kaum vor Lachen halten. Das Publikum übrigens auch nicht.

Wir können davon ausgehen, dass auch der Papst und der Dalai Lama schräge Gedanken haben und auch Mutter Theresa blöde Gedanken hatte.
Warum?
Weil sie Menschen sind.

Und weil „krause Gedanken“ zum Menschsein dazu gehören.

Sie gehören zum „Gesamtpaket Mensch“ einfach dazu.

Das Gute ist, dass auch du nichts wegen deinen Gedanken zu tun brauchst.

Es ist nicht nötig, die Gedanken zu ändern und sie gegen „schönere Gedanken“ auszutauschen.
Du brauchst keine neuen Techniken zu lernen, mit denen du besser mit komischen Gedanken umgehen kannst.

Es reicht, wenn du erkennst, dass es „nur Gedanken“ sind.
Gedanken, deren „Wahrheitsgehalt“ sich sekündlich ändert.

Mir hilft es zu wissen, dass jeder von uns so komische Gedanken hat.

Und wenn es jedem von uns so geht und ich keinen Einfluss darauf habe – macht es dann Sinn, mir darüber einen Kopf zu machen oder es als Problem anzusehen?

Neulich kam mir der Gedanke, wie schön es wäre, wenn es in jedem Monat einen Tag gäbe, an dem wir alle die Gedanken der anderen Menschen hören oder sehen könnte. Wie in dem Film „was Frauen wollen“*.

Das würde uns immer wieder daran erinnern, dass jeder „Mist“ denkt. Dass man sich nicht dafür schämen muss, dass wir damit nicht allein stehen und dass es normal ist.

Wie gehst du mit diesen komischen Gedanken um?
Was hast du neu gesehen?
Schreib es doch im Kommentar.

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