Was mache ich mit (unerwünschten) Erinnerungen?

Erinnerungen kommen und gehen.
Wir haben keine Kontrolle darüber, welche Erinnerung uns in den Kopf kommt.
Oder wann.

Jeder Versuch, eine Erinnerung “wegmachen zu wollen” muss scheitern, weil wir ihr dadurch mehr Energie geben und sie festhalten, ohne es zu wissen und zu wollen.

Neulich kamen mir ungewohnt viele Erinnerungen aus der Kindheit in den Sinn.

Früher hätte es dazu geführt, dass mich das verunsichert hätte. 

Ich hätte mich gefragt:
Was soll das?
Was will mir das sagen?
Warum tauchen jetzt all diese Erinnerungen aus meiner Kindheit auf?
Was stimmt da nicht?
Was gibt es zu klären?
Wo muss ich genau hingucken und/oder nachforschen?

Damit hätte ich den Erinnerungen das Label “falsch” angepappt. 

Und versucht, etwas daran zu ändern.
Zu ergründen:
Woher kommen sie jetzt?
Was habe ich (falsch) gemacht, um sie zu quasi aufzuwecken?


Ich hätte stundenlang gegrübelt - in der Annahme, dass es mir irgendwie weiterhilft, “mehr” darüber zu wissen. 

Dieses Mal war es ein: hm, das ist ja interessant, dass mir so viele Situationen von früher einfallen.

Und damit war die Sache für mich gegessen.

Es war mir aufgefallen, hat mich aber nicht verunsichert.
Und mir war klar, dass es nichts “zu tun” oder rauszufinden gibt.
Haken hinter und weiter.

Ein paar Tage später fiel mir ein, dass ich gerade das Buch “Das Leben und das Schreiben” von Stephen King gelesen hatte, in dem er viele Erlebnisse seiner Kindheit und Jugend aufzählt.

Ach guck an - vielleicht hat mein Hirn das als Aufforderung genommen, auch bei mir mal olle Kamellen rauszukramen?
Interessant.

Ich brauchte diese Erklärung nicht. Und ich kann auch nicht sagen, ob das “der echte Grund” dafür war.
Total egal.
Aber ich fand es faszinierend, dass mir das ein paar Tage später einfiel.

Vor einigen Wochen verunglückte ein ehemaliger Klassenkamerad von mir tödlich. Ich hatte schon Jahre - vermutlich eher Jahrzehnte - nicht mehr an ihn gedacht.
Jetzt tauchte er immer mal wieder in meinen Gedanken auf.
Erinnerungen aus der Schulzeit ebenso.
All das war plötzlich da.
Außerhalb meiner Kontrolle.

Ich holte ein Fotoalbum raus und schaute mir alte Klassenfotos an.

In den nächsten Tagen kamen mir mehr Erinnerungen aus der Schulzeit in den Sinn.
An bestimmte Personen.
Einzelne Situationen wurden kurzzeitig wieder lebendig.

Außerhalb meiner Kontrolle.

Mir hat es noch mal wieder ganz eindrücklich gezeigt, dass ich “mehr” von dem bekomme, mit dem ich mich gedanklich beschäftige.

Ich höre vom Unfall des Klassenkameraden und mir kommen Erinnerungen zu ihm in den Sinn.
Ich lese ein Buch, in dem jemand aus seiner Kindheit erzählt und bei mir tauchen auch Erinnerungen aus Kindertagen auf.
Ich sehe mir Klassenfotos an und mir kommen immer wieder einzelne Mitschüler in den Sinn.

Mein System versteht: oh, das ist gerade interessant. Lasst uns mal schauen, was wir zu diesem Thema noch im Archiv finden, rauskramen und in den Vordergrund bringen können.

Wenn wir an einen schönen Urlaub oder tolle Kindheitserlebnisse denken, freuen wir uns über das “mehr”.
Drehen sich die Gedanken um unangenehme Dinge, dann können wir auf “mehr davon” gut verzichten.

Wie werden wir jetzt die unerwünschten Erinnerungen los?

Gar nicht.
Jeder Versuch, sie loswerden zu wollen, sorgt dafür, dass wir uns gedanklich mehr mit ihnen beschäftigen und wir “mehr davon” bekommen.

Das Gute ist, dass wir auch nichts tun müssen.

Wir haben keine Kontrolle darüber, welche Erinnerungen auftauchen.

Aber wir müssen uns nicht ihnen beschäftigen - besonders dann, wenn sie uns nicht gefallen.
Sie kommen und gehen.
Von alleine.
Ohne, dass wir etwas tun müssen.
Sobald wir nicht mehr an ihnen festhalten, gehen sie von alleine.

Mir ist das lange total schwergefallen.
Weil ich es so gewohnt war, mich damit zu beschäftigen.
Etwas damit “tun” zu wollen.
Gedanken verändern zu müssen oder kontrollieren zu wollen.
Sie in Ruhe zu lassen, schien unmöglich.
Besonders, wenn es um “wichtige” Themen geht.

Wie lange kämpfst du schon gegen Erinnerungen oder Gedanken, die du nicht haben möchtest?

Wie lange versuchst du schon, sie “weg” zu bekommen, sie schöner zu machen, stattdessen etwas Anderes, Schöneres, Positiveres zu denken?
Wie erfolgreich warst du damit?

Lass das ruhig sacken.

Wie erfolgreich warst du damit?

Wenn dir gerade bewusst wird: nicht sonderlich - macht es dann Sinn, es weiterhin “so” anzugehen?

Was wäre, wenn es viel leichter wäre?
Wenn es wirklich nichts damit zu tun gäbe?

Wenn du schlicht keine Kontrolle über deine Erinnerungen hast - ist es dann sinnvoll, dich zu verhalten, als könntest du etwas kontrollieren?

Wenn es doch eigentlich schnurzpiepegal ist, was du alles anstellst?

Nimm dir doch eine Minute und reflektiere.

Was hast du für dich erkannt?
Ich freue mich auf deinen Kommentar.

Wenn du jemanden an deiner Seite brauchst, um nicht immer wieder in die alten Gewohnheiten zu fallen, dann lasst uns mal schnacken

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