Achterbahn der Gefühle
Auf dem Rummel mochte ich die Achterbahn noch nie – ohne sie je gefahren zu sein.
Ich war mir auch immer sicher: man kann mir eine Million (früher DM, jetzt Euro) bieten und ich gehe da trotzdem nicht rein.
Im „normalen Leben“ hatte ich es mit der Gefühlsachterbahn auch nicht sonderlich.
Das hat sich sehr verändert.
Momentan erlebe ich die Achterbahn ganz besonders in Bezug auf meine Konferenz im Juli.
Juli ist ja noch laaaange hin – und alles fühlt sich leicht und „das schaffe ich mit links“ an.
Dann fällt mir plötzlich auf: wir haben schon Mai!!!
Und schon ist der Juli gefühlt ganz nah rangerückt, es gibt noch so viel zu organisieren, planen, erstellen, machen…
Die Achterbahn nimmt wieder Fahrt auf.
Ich möchte den Text für die Anmeldeseite vom Kongress schreiben und merke, dass es zäh und schwierig wird.
Warum?
Weil ich mir erzähle…
Alles Bullshit.
Die Achterbahn dreht eine weitere Runde.
Wenn ich „einfach so“ über den Kongress schreibe, darüber berichte, warum ich ihn organisiere, was man daraus mitnehmen kann, wie lebensverändernd eine einzige Einsicht sein kann, welche tollen Themen und Speaker dabei sind, dann ist das Schreiben ganz leicht.
Es fließt aus mir heraus, ohne dass ich darüber nachdenke.
Der Text schreibt sich quasi von selbst.
Außer, ich glaube den zweifelnden Gedanken und fahre noch eine Runde Achterbahn.
Um den Text auf die Webseite packen zu können, muss es diese Webseite aber erst einmal geben…
Während mich Referenten schon fragten: gibt es schon einen Link zur Anmeldung, den ich teilen kann? wusste ich noch nicht mal, wer die Kongress-Webseite erstellt und auf welcher Domain sie untergebracht wird.
Das war ein hin und her.
Kaum war eine (logische) Entscheidung getroffen, habe ich neue Informationen bekommen und eine andere Lösung schien besser zu sein.
Die nächste Achterbahnfahrt.
Und dann gab es da ja auch noch diese eine Variante, die ich wirklich gern hätte, wenn ich es mir „backen“ könnte. Das wäre dann aber eine größere Sache mit viel Aufwand, Umstrukturierung, etc…
Vielleicht spürst du schon beim Lesen, dass es „unrund“ und „aufgeregt“ ist.
Die Achterbahn dreht weitere Runden.
Zum Glück weiß ich inzwischen, dass ich stoppe, wenn ich in einem solchen Kuddelmuddel bin.
Wenn es scheinbar keine richtige Entscheidung gibt.
Auch wenn mir mein Intellekt erzählt (eher zugebrüllt) hat, ich könnte die Entscheidung nicht länger aufschieben, sondern müsste mich jetzt sofort entscheiden – mir war klar: ich entscheide jetzt GAR NICHTS.
Außer, das angefangene Webseiten-Projekt erst einmal zu stoppen.
Das habe ich auch gemacht.
Ich konnte mich einfach nicht entscheiden.
Das „so ist es richtig“ – Gefühl wollte sich einfach nicht einstellen.
Klarheit war nicht in Sicht.
Nur Chaos und Aufregung und Hetze und Dringlichkeit.
Mit dem Stoppen und mich nicht drum kümmern müssen habe ich meinem Kopf erlaubt, zur Ruhe zu kommen.
Dann konnte ich auch wieder klarer sehen.
Das „wie“ war plötzlich sichtbar und es gab nichts zu überlegen.
Ist es die perfekte Lösung?
So fühlt es sich nicht an, aber es ist okay, wie es ist.
Es muss gar nicht perfekt sein.
Ich bin immer wieder an Punkte gekommen, wo das Projekt mit dem, wie ich es mir vorgestellt hatte, nicht mehr übereinstimmte.
Inzwischen frage ich mich dann: soll es einfach sein oder soll es so sein, wie ich es mir vorgestellt hatte?
Die Antwort hilft mir, mich zu entscheiden.
Dadurch wird vieles klar.
Die Prioritäten haben sich verschoben.
Ja, einiges wird anders als geplant.
Eigentlich sogar fast alles.
Ich wollte die Webseite auf keinen Fall selbst erstellen – bin aber gerade dabei.
Ich wollte Zahlungsanbieter A nehmen – plane jetzt mit Anbieter B.
Einen „Kongresstag“, den ich bei der ersten Planung soooo toll fand, habe ich gestrichen, bzw. den Inhalt geändert, weil es kompliziert und zäh wurde.
Das ist für mich inzwischen ein gutes „Messinstrument“.
Sobald es zäh oder kompliziert wird:
Pause.
Innehalten.
Sich setzen lassen.
Zur Ruhe kommen.
Während der ganzen Planung und Entscheidungsfindung war es ein ständiges Auf und Ab.
Eine Achterbahnfahrt.
Und ja, ich kann sie nicht mögen.
Das ändert aber nichts daran, dass sich meine Gedanken und Gefühle ständig ändern und es daher ein immerwährendes Auf und Ab geben wird.
Ob ich das gut finde oder nicht.
Und je okay-er es für mich ist, in der Achterbahn zu sitzen, desto angenehmer wird die Fahrt.
Weil ich nicht mehr dagegen an kämpfe, sondern „einfach mitfahre“.
Ich kann mich auch in der Achterbahn zurücklehnen und die Fahrt genießen.
Je klarer mir wird, dass ich nichts tun kann, um diese Fahrt zu vermeiden, desto weniger sinnvoll sieht der Versuch aus, es trotzdem zu probieren.
Manchmal möchte ich trotzdem unterwegs aussteigen, die Achterbahn anhalten, rausspringen… und dann wird es zäh, unangenehm, lästig, nervig, frustrierend, hoffnungslos und einfach doof.
Dann – irgendwann - erinnere ich mich daran, dass das zum Spiel des Lebens dazugehört und kann loslassen.
Aufhören, zu kämpfen.
Aufhören, etwas anders haben zu wollen.
Es als das zu sehen, was es ist: das Auf und Ab des Lebens.
Meines Lebens.
Was wäre, wenn wir die Lebendigkeit der Auf‘s und Ab‘s wertschätzen?
Wenn wir sie begrüßen und uns auf die nächste Fahrt freuen?
Wie würde das unser Leben verändern?